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Top-Technik hilft, Leben zu retten

Albert Klapp war vom 1. Juli 1986 bis zu seiner Pensionierung am 30. September 2019 mehr als 33 Jahre der Leiter der Medizintechnik im Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen. Zuvor hatte er in ähnlicher Funktion am Krankenhaus Maria Hilf in Mönchengladbach und an der Universitätsklinik Düsseldorf gearbeitet.  

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Albert Klapp war vom 1. Juli 1986 bis zu seiner Pensionierung am 30. September 2019 Leiter der Medizintechnik.

Ist das HDZ NRW technisch on Top?

Ja, das würde ich auf jeden Fall so sehen. In Bad Oeynhausen gibt es mehrere Besonderheiten, die über den Standard anderer Herzzentren hinausgehen. Das gilt unter anderem für die Herzunterstützungssysteme, modernste Kathetertechnik oder auch die molekulare Bildgebung, die aufgrund ihrer hervorragenden Ausstattung beispielsweise in der Lage ist, jederzeit kurzlebige radioaktive Marker herzustellen und zu applizieren, wodurch sich beeindruckende PET/CT-Aufnahmen generieren lassen. Ein weiteres Positiv-Beispiel ist die Telemedizin, die schon frühzeitig eine he-rausragende Stellung im HDZ hatte. 

Was war 1986 der technische Ist-Stand?

Zu Beginn meiner Tätigkeit wurde als eine der ersten Maßnahmen eine Erfassung des kompletten medizintechnischen Inventars durchgeführt. Damals wurden dabei für das gesamte HDZ NRW einige 100 verschiedene Geräte erfasst. Heute sind das sicher mehr als 10.000.  

War die Medizintechnik 1986 bei Ihrem Beginn im HDZ NRW mit dem heutigen Standard vergleichbar?

O nein. Es gab 1986 zum Beispiel noch keine, mit heutigen Geräten vergleichbaren Computer. Stattdessen war die Medizintechnik mit so genannten Midrange-Rechnern ausgestattet, die mit Terminals vernetzt waren. Diese Rechner hatten eine Größe von drei nebeneinander gestellten Kühlschränken und mussten in einem besonders klimatisierten Bereich stehen. Von der Medizintechnik betreute Computer wurden seinerzeit vor allem für das Patientendaten-Management und die Herzrhythmusanalyse genutzt. Wie unterschiedlich das Technikverständnis seinerzeit war, habe ich im Dezember 1985 noch vor meiner Einstellung erfahren. Als ich von dem damaligen Geschäftsführer, Herrn Hubert Lüttgens, im Rahmen des Vorstellungsgesprächs durch das Haus geführt wurde, kamen wir auch in den Computerbereich der Medizintechnik. Herr Lüttgens war erbost, dass die Rechner am Samstagmittag liefen und somit am Wochenende Strom verbraucht haben. Er hat sie kurzerhand allesamt ausgeschaltet. Für mich als Techniker war das erst einmal ein kleiner Schock. 

Welche Technik hat sich von Ihren Anfangstagen bis 2019  bewährt? 

Die gesamte Grund-Intensivausstattung inklusive Infusionstechnik, Beatmung, Narkose, Patientenmonitoring, Herz-Lungen-Maschinen, Hochfrequenzchirurgie, Röntgengeräten war im Prinzip ähnlich wie heute – allerdings auf einem ganz anderen Level. Die einzelnen Geräte wurden nach einer bestimmten Zeit immer wieder gegen modernere ausgetauscht, um bei der technischen Ausstattung stets auf dem neuesten Stand zu sein.

Musste dafür jedes Jahr aufs Neue viel Geld investiert werden?

Ja. Für eine sinnvolle Ergänzung der Medizintechnik werden im HDZ NRW kontinuierlich hohe Millionensummen bereitgestellt. Welch große Bedeutung die Medizintechnik für das Haus hat, wird auch an der personellen Entwicklung der Abteilung deutlich. Als ich 1986 angefangen habe, waren wir zu dritt. Heute ist die Mitarbeiterzahl auf etwa ein Dutzend angestiegen. Der gesunde Wachstumskurs des gesamten Hauses lässt sich auch an den OP-Zahlen ablesen. Die zunächst angepeilte Zahl von bis zu 900 Operationen pro Jahr wurde schon 1986 deutlich übertroffen. Bis heute kennen die OP-Zahlen im HDZ NRW nur eine Richtung: Es geht stets steil nach oben. Die Medizintechnik musste dabei natürlich Schritt halten.

Ist die Medizintechnik-Abteilung jederzeit erreichbar?

Selbstverständlich. Die Abteilung muss jederzeit dafür sorgen, dass die im HDZ eingesetzte Technik funktioniert. Die Geräte werden auch nach den Anforderungen der Hersteller und des Gesetzgebers regelmäßig geprüft und mitunter auch repariert bzw. ausgetauscht. Dafür werden top-ausgebildete Mitarbeitende benötigt, die sich mit jedem Gerät auskennen und auch im Notfall wieder ans Laufen bringen können.  

Was passiert bei einem technischen Notfall?

Wir haben im HDZ NRW schon sehr frühzeitig einen Notbereitschaftsdienst eingeführt. Das bedeutet konkret, dass an 365 Tagen des Jahres rund um die Uhr immer mindestens ein Techniker erreichbar ist, der innerhalb von maximal 15 Minuten vor Ort ist. Ich hatte während meiner Dienstzeit meist den Hintergrunddienst, der stets bei besonders gravierenden Problemen einbezogen wurde. Dabei sind es längst nicht immer große technische Probleme, die etwa für einen plötzlichen Bildausfall im Katheterlabor oder während einer OP sorgen.  

 

Welches Ereignis werden Sie nie vergessen?

Das ist ganz vorn die Hochwasserkatastrophe 1997, von der auch das HDZ massiv betroffen war. Das Unwetter kam an einem Sonntagnachmittag, an dem ich Hintergrunddienst hatte. Es war bereits schwierig, überhaupt in das Gebäude zu kommen. Die Wassermassen hatten neben der Tiefgarage auch ein Archiv überflutet, in dem die Herzkatheteraufnahmen gelagert waren. Das hat uns buchstäblich ins Herz getroffen. Die durch das Wasser geschädigten Filme mussten sehr aufwendig für sehr viel Geld von einer Spezialfirma aus München wieder aufbereitet werden.

Inwiefern profitieren die Patienten von den Fortschritten der  Medizintechnik?

Das sind Welten. Das Herzkatheterlabor ist hier eines von vielen Beispielen: Von der heutigen Schärfe und Detailgenauigkeit der hier verfügbaren Bilder waren wir in den Achtzigern noch Lichtjahre entfernt. Vor 30 oder 40 Jahren hat zum Beispiel der Bildschirm oft geflackert, die Darstellung war längst nicht so gut wie heute.

Spielt der neue Kollege Roboter auch in der Herzchirurgie  eine Rolle?

Das Thema ist präsent und es gab auch im HDZ einige Ärztinnen und Ärzte, die zum Beispiel gern mit dem so genannten „Da Vinci-System“ in der Herzchirurgie gearbeitet hätten. Wir haben uns das Ganze in anderen Herzzentren angesehen, uns aber gegen die Anschaffung dieser roboterunterstützten Systeme entschieden. Der wesentliche Grund war neben den enorm hohen Kosten sicher die Erkenntnis, dass sich diese Technik nicht wirklich in der Herzchirurgie durchgesetzt hat. 

Gilt in der Herzmedizin ohnehin nicht ganz besonders, dass nach wie vor das Geschick der beteiligten Ärzte entscheidend ist?

Wohin führt der Weg der technischen Weiterentwicklung?

Ich kann mir gut vorstellen, dass es durch weitere interne und auch externe Vernetzungen etwa mit während des Eingriffs online zugeschalteten Fachkollegen gelingen kann, auch sehr schwierige und komplexe Fragestellungen gemeinsam noch besser zu lösen. Der zugeschaltete Kollege könnte dann sofort sagen, wie er in dem speziellen Fall vorgehen würde und somit einen zusätzlichen fachlichen Input geben. Hier gibt es vielerorts bereits erste gute Ansätze, die in Zukunft sicher noch weiter ausgebaut werden.

Hilft die herausragend gute technische Ausstattung des HDZ NRW letztlich, Leben zu retten? 

Ja, das sehe ich auf jeden Fall so. Die Medizintechnik war in meiner Zeit von Anfang an im gesamten Haus sehr gut aufgestellt. Die Mitarbeiter wurden stets zu Hilfe gerufen, wenn es technisch irgendwo geklemmt hat. Der jeweils zuständige Techniker war immer telefonisch erreichbar und ist im Bedarfsfall auch sofort losgezogen. Das Ergebnis ist, dass die technische Ausfallrate im HDZ extrem niedrig ist. Herzkatheteruntersuchungen und Operationen müssen hier deutlich seltener aus technischen Gründen verschoben werden als in anderen Herzzentren. Aus technischer und medizinischer Sicht nimmt das HDZ bundesweit eine führende Stellung ein. Für mich persönlich wäre das HDZ im Fall einer erforderlichen Herz-OP ganz sicher die erste Wahl.    

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